Montag, 24. August 2009

Ein trauriges Wochenende

Letztes Wochenende. Samstag. Ein kleines Baby (9 Monate) liegt auf der Intensivstation. Was es hat? Das weiß keiner genau oder es ist aufjedenfall nicht so einfach zu beantworten. Er kam zu uns mit einer Mund-Kiefer-Gaumen-Spalte und daraus resultierend total unterernährt. Nach einigen Wochen hat er an Gewicht zugelegt und es schien ihm besser zu gehen. Letzte Woche änderte sich das aber schlagartig. Sein Blutwerte waren in Ordnung. Hiv-Negativ. Aber sein Körper sagte etwas anderes. Nur was? Das konnten wir nicht verstehen. Damit sein Herz aufhört, einen Marathon hinzulegen, wurde das Baby beatmet, um dadurch die Atmung unter Kontrolle zu kriegen und das Herz zu beruhigen. Sonntag war sein körperlicher Zustand so schlimm, dass im Grunde nur die Geräte ihm am Leben erhielten. 24 Stunden später ist er dann gestorben. Auch wenn es Vorhersehbar war, hoffe ich doch immer noch auf ein Wunder. Diesmal gab es keins. Oder doch? Die Mutter brachte das Kind zu uns, obwohl das Dorf, aus dem sie kommt dagegen war. Werden hier Kinder mit einer Fehlbildung geboren, wird sofort angenommen, dass es verflucht sei und dementsprechend auch nicht so behandelt wie andere Kinder. Ich glaube, dass alle Mütter ihre Kinder lieben, aber aus Selbstschutz eine Mauer aufbauen, dass wenn das Kind verstirbt es nicht so sehr wehtut. Klingt vielleicht ein wenig krass, aber hier ist die Kindersterblichkeitsrate einfach mal viel höher. Das Baby zum Beispiel wurde auch gar nicht erst geimpft und bekam auch nicht die rituellen Schnittwunden im Gesicht. Die Haltung der Mutter zu ihrem Kind hat sich von Grund auf verändert. Meine Freundin konnte es gar nicht so genau erklären. Meist merkt man so was auch nur. Ich hoffe, dass diese Mutter mit einem veränderten Herzen ein Beispiel in ihrem Dorf sein kann und jedes Kind das Recht hat, geliebt zu werden.
Als wäre das alles nicht schon "aufregend" genug, kam eine Mutter am Sonntag mit ihrem Baby zu uns. Das Kind sollte aufgenommen werden, damit am nächsten Tag die Operation stattfinden kann. Sie wartete geduldig vor der Gangway bis sie rankam als sich herausstellte, dass das Kind gar nicht mehr atmet. Eine Krankenschwester nahm es sofort und brachte es zur Intensivstation, aber alle Wiederbelebungsversuche waren erfolglos. Nach einem Gespräch mit der Mutter stellte sich dann heraus, dass das Kind schon vor einer Weile aufgehört hat zu atmen. Als ich das gehört habe, konnte ich es erst nicht glauben. Wieso hat sie nicht gleich was gesagt, wieso, wieso, wieso??? Aber mit "wieso" kommt man bekanntlich selten weiter. Um nicht das erhöhte Farhpreisentgelt zu bezahlen, hat sie das Kind wieder auf den Rücken gebunden und ist in ihr Dorf gefahren.
Samstag. Es ist Nacht. Aufgeregte Männer vom Schiff gleich hinter uns kamen auf unsere Security-Guards zu. Ein betrunkener Mann ist ins Wasser gefallen. Medizinisches Personal von uns kam zur Hilfe. Nach 45 Minuten Wiederbelebungsmaßnahmen konnten sie nur noch den Tod feststellen. Es war zu spät.
Und wieder realisiere ich, dass ich auf einem Krankenhausschiff wohne. Hier werden Menschenleben verändert und leider enden sie manchmal auch hier. Das alles spielt sich nicht einmal eine Minute von mir entfernt ab. Wenn ich darüber nachdenke bekomme ich Gänsehaut.

1 Kommentar:

Rosie Homt hat gesagt…

Meine liebe!
Ich liebe es diesen Blog zu lesen!
Ich bin unglaublich stolz auf dich dass du auch auf diesem wunderschönen Kontinent lebst und arbeitest.
Wir kommen täglich in hautnahen Kontakt mit viel Leid, aber EINER geht mit, EINER ist immer dabei, ER sieht nicht weg und ER kennt jede einzelne Seele dort!
Ich umarme dich und denke an dich!
Rosie