Dienstag, 18. Oktober 2011

Ein Tag wie kein anderer

Dienstag. 6:45. Der Wecker klingelt. Mein Rücken tut seit einigen Tagen wieder weh. Angst, dass es wieder so schlimm wird wie vor 5 Jahren kommt auf. Also vorsichtig von meinem Hochbett steigen, fertig machen und frühstücken. Die Schmerzen werden weniger. Inzwischen ist es 8 Uhr und es geht zur Zahnklinik. Ich fahr mal wieder mit dem Auto los, um Benzin für unsere Generatoren zu kaufen. Die erste Tankstelle, zu der ich immer fahre hatte nur Diesel. Habe wenigstens mein Landrover vollgetankt und auf geht`s zur Tankstelle um die Ecke. Benzin gibt es hier nur begrenzt und manchmal nur an ganz wenigen Tankstellen. Hier gab es glücklicherweise Benzin. 96 Liter. So wie immer. 18 Liter in jedes der Kanister, die ich mitgebracht habe. Ich drehe mich um, um bei dem Tankwärter zu bezahlen, während seine Kollegin die Kanister abfüllt. Kaum drehe ich mich wieder zu ihr sehe ich, dass sie den Diesel Schlauch in der Hand hält. Klasse. Eine Sekunde mal nicht aufgepasst. So ist das übrigens öfters mal. Man muss auf alles achten. Ein anderes Mal verstand er 80 Liter statt 18 und schaute mich verwundert an, als der Kanister bei 20 Liter völlig überlief. Ahh... Wirklich? Du dachtest, 80 Liter passen in diesen kleinen Kanister. Abgesehen davon, dass ich mehrmals eins acht gesagt habe. Na gut, wieder zurück zum heutigen Tag. Diesel raus und Benzin rein. (Nicht in den gleichen Behälter, weil ich mir nicht sicher war, ob das schlecht für die Generatoren ist). Es geht zurück zur Klinik. Um die 70 Patienten später bin ich gerade dabei die Instrumente von meinem letzten Patienten ins Instrumentenbad zu legen. Die Nadel. Ja, die Nadel. Ich versuche immer alles schnell zu erledigen ABER wenn es um das Entfernen von Skalpellklingen oder Nadeln geht, nehme ich mir ne extra Sekunde Zeit. Es ist definitiv meine Schuld, hier ist nur der Grund, warum die benutzte Nadel in meiner Handfläche landete. Wir haben neue Nadeln, die mit einem Plastikschutz versehen sind. Sie sollen ungewollte Nadelstichverletzungen vermeiden. Aber das Abschrauben verlangt eine andere Handweise und so habe ich ausversehen diesen Plastikschutz zurückgeschoben, als ich die Nadel enfernen wollte. Jetzt folgt alles nach Mercy Ships Protokoll. Hand mit Wasser und Seife waschen. Patient und ich müssen auf´s Schiff. Termin mit dem Crew-Arzt, Blutabnahme anschliessend Gespräch mit dem Arzt und letztendlich Testergebnisse abwarten. Wir beide werden auf Hepatitis, HIV und Syphilis getestet. Es war komisch. Ich will das alles nicht herunterspielen, aber in dem Moment habe ich mir keine Sorgen gemacht. Ich hätte vorher aufpassen müssen, dafür ist es nun zu spät, ändern kann ich das jetzt nicht und wenn er positiv ist, dann muss ich halt die Medizin innerhalb weniger Stunden nehmen und beten, dass alles gut wird. (Die Medizin wirkt zu 99,9% soweit ich weiß). Ich habe mich tausend Mal beim Patienten entschuldigt. Statt nach der Behandlung nach Hause zu gehen (ihm wurde ja gerade ein Zahn gezogen) musste er auf dem Schiff mit mir von einem Ort zum anderen eilen, Blutabnahme und wirklich private Fragen beantworten. Der Anruf von der Ärztin kam ein paar Stunden später. Alle Ergebnisse sind negativ. Das war mein Tag.